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Publiziert: 16 Apr. 2024
Aktualisiert: 17 Apr. 2024

Was ist bidirektionales Laden?

Vor nicht allzu langer Zeit diente das Laden von Elektrofahrzeugen nur dazu, die Batterie für die nächste Fahrt aufzuladen. Bidirektionales Laden geht jedoch einen Schritt weiter: Es ermöglicht nicht nur das Laden der Batterie, sondern auch das Zurückfliessen von Energie aus dem Fahrzeug in das Stromnetz. Somit werden aus Elektrofahrzeugen mobile Energiespeicher, welche überschüssige Energie an das private Hausnetz oder gar öffentliche Stromnetz zurückgeben können. Beispielsweise können gewisse Batterien von Elektroautos bis zu 100 Kilowattstunden Strom speichern, was dem Stromverbrauch eines Einfamilienhauses in fünf Tagen entspricht.

Was wird benötigt um bidirektional Laden zu können?

Damit ein Elektrofahrzeug bidirektional geladen werden kann, muss es selbst kompatibel sein dafür. Derzeit sind nicht viele solcher Elektrofahrzeuge auf dem Markt, was mitunter ein Grund dafür ist, warum sich die Technologie bisher nicht durchsetzen konnte. Anders als in Asien, wo immer mehr Elektrofahrzeuge das Laden in beide Richtungen ermöglichen.

Nebst dem Fahrzeug selbst ist ebenfalls eine bidirektionale Ladestation erforderlich. Diese Dinge sind notwendig, weil Elektrofahrzeuge mit Gleichstrom (DC) geladen werden. Im privaten Hausnetz oder im öffentlichen Stromnetz fliesst jedoch Wechselstrom (AC). Damit also der Gleichstrom (DC) vom Elektrofahrzeug ins Stromnetz zurückfliessen kann, muss es durch einen sogenannten Wechseltreiber umgewandelt werden. Diese Wechseltreiber können, entweder in der Ladestation selbst oder im Elektrofahrzeug enthalten sein.

Weiter erfordert bidirektionales Laden ein System, das die Lade- und Entladeprozesse steuert. Es gibt verschiedene Optionen, die abhängig davon sind, ob die Energie nur in das Hausnetz zurückgespeist werden soll oder zusätzlich noch in das öffentliche Stromnetz. Dieses System überwacht die Energiespeicher automatisch.

Was sind die Vorteile?

Elektrofahrzeuge verbrauchen durchschnittlich nur ca. 10 - 30 % ihrer Batterie. Dies führt dazu, dass sie nahezu immer über Restenergie verfügen. Diese kann dafür genutzt werden, um erneuerbare Energiequellen wie Solar- und Windenergie effizienter zu nutzen. Insbesondere zu Zeiten, in denen die erneuerbaren Energiequellen weniger Energie produzieren. Auf diese Weise trägt bidirektionales Laden dazu bei, die Volatilität erneuerbarer Energiequellen auszugleichen und die Netzstabilität zu verbessern. Auch im öffentlichen Stromnetz besteht dadurch die Möglichkeit, Engpässen entgegenzustehen und diese zu stabilisieren.


E Auto laden

Ein bedeutender Schritt zur Förderung von bidirektionalem Laden könnte das Stromgesetz sein, über den am 9. Juni 2024 in der Schweiz abgestimmt wird. Bisher äusserte sich der Bundesrat nur zur Förderung der Elektromobilität allgemein. Doch Experten erhoffen sich durch das Stromgesetz, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Nutzung und Integration von bidirektionalen Ladestationen sowie Investitionen in diese zukunftsweisende Technologie.

Derzeit sind die Kosten für geeignete bidirektionale Ladestationen noch vergleichsweise hoch, was ihre Wirtschaftlichkeit einschränkt. Diese Kosten liegen oft deutlich über denen herkömmlicher Ladestationen. Dennoch könnten sie langfristig betrachtet zu einer Senkung der Gesamtkosten für die Energieversorgung beitragen.

Aktuelle Projekte deuten auf eine aussichtsvolle Zukunft von bidirektionalen Ladestationen, wie das Projekt des Carsharing-Unternehmens Mobility. Mit dem Projekt «V2X Suisse» werden bis im Frühling 2024 bis zu 50 Honda e an rund 40 Standorten eingesetzt und bidirektional geladen. Laut einer Medienmitteilung des Unternehmens könnten stillstehende, bidirektionale Elektrofahrzeuge bis zu 20 Kilowatt Regelleistung zurück ins Stromnetz speisen. Hochgerechnet auf die gesamte Carsharing-Flotte ergäbe das 60 Megawatt – eine beachtliche Leistung, die Engpässe im Übertragungs- und Verteilnetz minimieren und teure Netzausbauten verhindern könnte.

Sollten sich diese Annahmen durch den Testversuch bestätigen, wäre das äusserst ermutigend. Insbesondere dadurch, dass das Projekt eines der grössten Testversuche zu bidirektionalen Ladestationen ist.

Nicht nur in der Schweiz beschäftigt man sich mit bidirektionalem Laden. Im Zuge von EU-Initiativen wie dem «Fit for 55» Paket, wird bidirektionales Laden von Gesetzesgebern zunehmend unterstützt. Andere Länder gehen noch weiter.

Bereits in Deutschland wurden Subventionen für das bidirektionale Laden eingeführt. Mit dem Ziel, Konsumenten dazu zu bewegen, umzusteigen. Die Initiative «Living Lab for Smart Charging» in den Niederlanden beschäftigt sich intensiv mit bidirektionalem Laden. Das Ziel des Projekts ist es, das gesamte Land zu einem Testgelände für intelligentes Laden zu machen.

Bidirektionales Laden ist eine vielversprechende Technologie, die das Potenzial hat, die Art und Weise, wie wir Elektroautos nutzen und Strom verbrauchen, grundlegend zu verändern. Trotz der hohen Kosten und technischen Herausforderungen, die zurzeit bestehen, könnte es in Zukunft ein wichtiger Bestandteil unserer Energieinfrastruktur sein.